SWB gehen zweites Fernwärme-Pilotprojekt in der Südstadt an
Nicht nur das Wirtschafts- und das Bauministerium wollen Tempo beim Aus- und Umbau der Wärmenetze machen. Schon bevor die Bundesministerien einen „Fernwärmegipfel“ in Berlin anberaumten, hatten die Stadtwerke Bonn (SWB) zum „Bürgercafé“ in die Südstadt geladen, um die Anwohnerschaft dort über die Fernwärme aufzuklären und für das Bonner Fernwärmenetz zu gewinnen - und in gewisser Weise damit auch zu beruhigen, wie sich herausstellte.
„Es herrscht große Verunsicherung wegen der künftigen Heizfrage im Viertel“, äußerte einer der Anwohner. „Alle reden von der Wärmepumpe, aber die ist teuer, macht es vielleicht nicht richtig warm und braucht Platz, aber wohin damit?!“, sorgte sich eine Anwohnerin: „Ich habe schon schlaflose Nächte gehabt.“ Schön sind sie schließlich, alt und hoch, aber manche der Gründerzeit- und Jugendstilbauten in der Südstadt verfügen nicht einmal über einen Vorgarten. Genau da setzt SWB Energie und Wasser an. Nachdem beim ersten „Bürgercafé“ im Dezember im gleichen Stadtbezirk die Anwohnerschaft der Arndtstraße angesprochen war, galt der Fokus diesmal der Goethestraße und der Clausiusstraße.
Bürgercafé informiert wohnortnah
„Das sind für uns zwei Pilotprojekte“, merkt Dagny Leu an, die im Vertrieb für die Fern- und Nahwärme zuständig ist: „Wichtig ist uns bei den Bürgercafés, die Bürgerinnen und Bürger direkt vor Ort abzuholen, daher finden diese wohnortnah und nicht in einer Veranstaltungshalle in der Stadt im großen Rahmen statt." Das zog: „Schon am Tag nachdem wir die Einladungen verteilt hatten, lagen uns bereits mittags neun Anmeldungen vor“, stellte Sarah Köster von SWB Kommunikation und Marketing fest. Weitere kamen dazu.
So nutzten letztlich mehr als die ursprünglich 20 angepeilten Teilnehmenden bei Kaffee und Kuchen im Café Extro die Gelegenheit, auch direkt von Thorsten Ellmann, Fachbereichsleiter Fern- und Nahwärme bei SWB Energie und Wasser, und Gerd Engels, stellvertretender Fachbereichsleiter der Fernwärmeabteilung bei BonnNetz, über Möglichkeiten, Bedingungen und Kosten eines Fernwärmeanschlusses Auskunft zu erhalten.
Bezahlbare Alternative zur Wärmepumpe
Damit kommen die SWB Anfragen von Privatleuten speziell aus diesem Stadtteil zeitnah entgegen, sagte Thorsten Ellmann: „Denn im Bonner Süden haben wir viele Straßen mit einem hohen Anteil an denkmalgeschützten Gebäuden. Diese zu sanieren und Wärmepumpen einzusetzen, ist quasi unmöglich, und die Kosten für den Anschluss an die Fernwärme sind für eine Einzelperson kaum zu leisten. Wenn wir aber mehrere Anschlüsse auf einmal verlegen können, kann man anders rechnen. Deshalb wollen wir die Kosten sozialisieren und den Fernwärmeanschluss für alle Interessierten hier angehen, sobald sich eine bestimmte Mindestanzahl zusammengefunden hat.“
Klimaschonend heizen ohne Heizkörperaustausch
Was Fernwärme eigentlich ist, woher sie kommt und dass die Bonner Fernwärme mit einem Primärenergiefaktor von 0,25 die umweltfreundlichste Wärmeversorgung in Bonn ist, weil sie unter anderem mit Hilfe des Prinzips der Kraft-Wärme-Kopplung und von Hausmüll als „nachwachsendem Rohstoff“ erzeugt wird, führten die SWB-Fachleute aus. Dass die Hausanschlussstation nicht mehr Raum als ein Kühlschrank einnimmt, gefiel den Anwesenden und auch, dass sie mit Fernwärme klimaschonend und effizient heizen ohne Heizkörperaustausch, wie sie bei der Wärmepumpe befürchteten.
137 Kilometer lang ist das Bonner Fernwärmenetz aktuell und reicht von Tannenbusch bis Plittersdorf; weitere 120 Kilometer sollen in zehn bis 20 Jahren folgen, so Dagny Leu. Gerd Engels verwies aber auch auf die Herausforderungen beim Ausbau durch gesetzliche Vorgaben und einzuhaltende Abstände etwa zu Baumbestand sowie geringen Platzes wegen bereits vorhandener Leitungen in den Straßen. Wegen der aufwändigen Tiefbauarbeiten müsse mit Kosten von 2500 bis 3000 Euro pro Meter Trasse netto von der bestehenden Fernwärmetrasse bis ins Haus hinein gerechnet werden. Für nur eine einzige Person in einer Straße mit Fernwärmeanschlusswunsch könnten Gesamtkosten von rund 220.000 Euro netto anfallen. Günstiger werde es bei mehr Anschlusswilligen in einer Straße.
Spezielles Angebot für die Nachbarschaft in der Südstadt
Für die Nachbarschaft in der Südstadt hat SWB Energie und Wasser indes ein spezielles Angebot: als Festpreis mit rund 20.000 Euro netto bei einem durchschnittlichen Hausanschluss von 30 kW zuzüglich der Hausanschlussstation, die die SWB auch im Contracting als Rundum-Sorglos-Paket anbieten. Auch auf Förderung vom Staat von bis zu 30 Prozent der Investitionskosten sowie weiteren zehn Prozent bei Austausch einer Öl- oder einer mehr als 20 Jahre Gasheizung verwiesen die SWB-Fachleute.
Netzanschluss ab 2024
Voraussetzung für das exklusive SWB-Angebot ist, dass mindestens zehn Gebäude plus ein großes Mehrfamilienhaus an der Clausiusstraße oder entsprechend mehr weitere Gebäude dabei sind. Minimalziel in der (kürzeren) Arndtstraße beim ersten Bürgercafé waren zehn Anschlüsse. Bisher gibt es indes sogar 16 feste Zusagen. Auch nach dem zweiten Bürgercafé griffen viele von dem Angebot angetane Anwohner und Anwohnerinnen zum Anfrageformular. Wenn die Resonanz entsprechend ist, soll die Umsetzung laut Thorsten Ellmann „in der Goethestraße 2025/26 erfolgen; die Arndtstraße ist sogar schon für 2024 eingeplant“. (as)
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